Oderico von Portenone

Zu Fuß bis Peking und zurück

Zwischen 1310 und 1331 marschierte ein Franziskanerpater namens Oderich von seiner Heimatstadt in Kärnten zu Fuß bis nach Peking. Der Franziskaner ging mit seiner Expedition als der erste österreichische Weltreisende in die Geschichte ein.

Das Geburtshaus Oderichs befindet sich in einem kleinen Dorf namens Villanove in der Nähe von Pordenone, das damals zu Kärnten und somit den Babenbergern gehörte. Erst später, 1508, fiel die Gegend an Venedig und zählt heute zu Friaul in Italien. Obgleich das genaue Geburtsdatum - zwischen 1265 und 1286 - nicht bekannt ist, wissen wir, dass Oderich in jungen Jahren dem Franziskanerkonvent in Udine beitrat. Bevor er sich zur Heidenmission auf die lange Orientreise begab, führte er als Einsiedler ein asketisches Leben in den Wäldern der Gegend.

Bedeutender Reisebericht
Nach seiner Reise in den Fernen Osten diktierte Oderich einen Reisebericht, der einige Orte seiner abenteuerlichen Reise lebendig beschreibt. Die erste Station, von der das Tagebuch berichtet, ist Trapezunt, eine nordtürkische Hafenstadt am Schwarzen Meer. Bereits im ersten Kapitel des Reiseberichtes wird klar, dass wir es mit einem mittelalterlichen Text zu tun haben, der dem modernen Leser keine chronologische Information, sondern wundersame Anekdoten und Mirabilien hinterlässt: es beginnt mit "Rebhühnern, die durch die Luft geführt werden." Im Osten der Türkei sieht er einen Berg, auf dem er die Arche Noah vermutet. Weil er von der Bevölkerung vor möglicher Gotteslästerung gewarnt wird, besteigt er ihn nicht.

Der Weg führt den Pater weiter durch Persien nach Indien. Als Oderich in Thana, in der Nähe des heutigen Bombay an Land geht, findet er vier tote Mitbrüder vor. Thomas von Tolentino, Jakobus von Padua, Petrus von Siena und Demetrius von Tafelicio hatten hier missioniert und waren von Ungläubigen getötet worden. Ausführlich beschäftigt sich Oderichs Bericht mit den wundersamen Einzelheiten ihres Todes, und er beschließt, die Gebeine der Glaubensbrüder in nicht-muslimischer Erde, in der Minderbrüdermission in China zu bestatten.

Ab nun mit vier Skeletten im Gepäck führt ihn die weitere Schiffsreise entlang der indischen Südküste nach Ceylon, dann an die Ostküste Indiens. Oderich hält sich auf den Nikobareninseln im Andamanenmeer auf, berichtet von kannibalistischen Unsitten der "hundsköpfigen Bevölkerung", erreicht die Nordspitze Sumatras, reist weiter durch die Straße von Malakka bis nach Java, etwa in die Gegend von Batavia, dann nördlich ins Gebiet des heutigen Kambodscha bzw. Vietnam und wandert zu Fuß durch das legendäre und mittlerweile verschwundene Königreich Champa, um schließlich durch verschiedene chinesische Provinzstädte an den Hof des mongolischen Großkhan ins heutige Peking zu gelangen, wo bereits andere religiöse Repräsentanten gemeinsam mit Franziskanern (Johann von Montecorvino ist erster Erzbischof von Peking;) am höfischen Zeremoniell teilnehmen.

Heimkehr nach Padua 1330
Einige Jahre hält sich Oderich in Cathay - so der mittelalterliche Name für das nördliche China -, auf, bis er seine Rückreise antritt, die ihn zuerst nördlich bis in die innere Mongolei, dann westlich an den Rand Tibets und vermutlich die Seidenstraße entlang über Afghanistan und Persien zurück nach Padua führt, wo er 1330 eintrifft. Dort diktiert er seine Erlebnisse einem Mitbruder in lateinischer Sprache und macht sich anschließend, im Winter 1331 auf den Weg zum Papst in Avignon, um für eine weitere Mission in China die Erlaubnis zu erhalten. Dazu ist es nicht mehr gekommen. Bald nach seiner Heimkehr erlag er den Folgen der durchgemachten Strapazen.

Seligsprechung
Der Reisebericht Oderichs erzählt anschaulich von "Ochsen, die als Gott verehrt werden", Witwenverbrennungen in Indien, Kannibalismus, Pfefferanbau in Indonesien, sexuellen Ausschweifungen in Champa, von buddhistischen Reinkarnationstheorien und vom Hofzeremoniell in Peking. Außerdem finden im Reisebericht die noch heute in Tibet praktizierte Bestattungsmethode durch Aasgeier.

Wegen der Unmittelbarkeit des Erlebten durch einen einfachen, wandernden Bettelbruder gilt der Reisebericht des Oderich von Portenau als bedeutsame Ergänzung zu Marco Polos "Divisament dou monde"; die Kirche würdigte Oderico durch die Seligsprechung 1755. In der österreichischen wissenschaftlichen Forschung zur Entdeckergeschichte blieb jener erste Reisende in die entfernesten Kulturen bis jetzt merkwürdig unbekannt, ungenannt und unentdeckt!
Michael Pand, Wien

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Gedenktag: 14. Jänner